Jana Witthed – Jitka Vykopalová: Das Schreiben verschafft mir Freude und neue Sichtweisen

Rubrika: Publicistika – Rozhovory

             

Auf der Internationalen Buchmesse Bok & Bibliotek (Buch & Bibliothek) in Göteborg, die vom 24.-25. September 2009 stattfand, wurde die Tschechische Republik durch das Tschechische Zentrum von Stockholm vertreten, und die schwedische Seite wurde von vom Lehrstuhl für Slavistik in Stockholm sowie dem neu gegründeten schwedischen Privatverlag Aspekt vertreten.
Als ich die Pressenachricht des Tschechischen Zentrums über die Buchmesse und ihre Teilnehmer las, stieß ich auf einige mir bekannte Namen, von denen ich hier einige nennen möchte: Der Schriftsteller Jáchym Topol, der den schwedischen Lesern dank wunderbarer Übersetzungen von Tora Hedin bekannt ist, die natürlich auch sehr aktiv an der Messe teilnahm. Weiter waren es die Übersetzer Dagmar Hartlová, Eva-Kersti Almerud, die auch eine langjährige Chefredakteurin der Landsmannschaftszeitschrift Bulletinen ist, Miloslava Slavíčková, Mats Larsson…

An diesem bedeutenden Ereignis nahm auch die in Schweden lebende tschechische Dichterin Jana Witthed teil, der ich einige Fragen nach persönlichen Eindrücken von der Messe gestellt habe.

• Jana, Du nimmst wahrscheinlich jedes Jahr an der Buchmesse teil, in diesem Jahr war sie jedoch für dich, eine in Schweden lebende tschechische Dichterin, sicherlich besonders interessant. Was hat dich am meisten interessiert?

Es hat mich sehr gefreut, dass das Tschechische Zentrum in diesem Jahr einen eigenen Stand auf der Buchmesse hatte. Schön fand ich auch, dass Jáchym Topol und Jaroslav Rudiš hier ihre Bücher vorstellen konnten und ein Treffen mit ihnen und ihren Übersetzern veranstaltet wurde. Für die sog. kleinen Sprachen ist es häufig sehr schwierig auf die Buchmessen im Ausland vorzudringen, und daher ist diese Initiative außerordentlich erfreulich. Ich interessiere mich sehr für Kunst und Design und bin sehr stolz darauf, dass die tschechischen Bücher ihren sehr hohen Qualitätsstandard weiter halten, sowohl bei der graphischen Gestaltung, den Buchumschlägen, bei den Kinderbuchillustrationen etc. Ich schätze auch sehr, dass Herr Botschafter Jan Kára und seine Frau Dana Kárová Zeit für einen Besuch der Buchmesse fanden.

Die Buchmesse „Buch & Bibliothek“ in Göteborg ist die größte in Skandinavien; eine Menge interessanter Seminare, Lesungen, Buchpräsentationen und Vorträge stehen hier auf dem Programm. Jedes Jahr wird ebenfalls eines der beteiligten Länder speziell hervorgehoben. In diesem Jahr war es Spanien, ein Land mit einer zweifellos sehr interessanten Literatur.
Eine Reihe Seminare, Lesungen und weiterer Veranstaltungen finden parallel statt, sodass man nicht einmal einen Bruchteil des ganzen, so verlockenden Programms, besuchen kann. Aber alles, was die tschechische Literatur betrifft, ist immer sehr anziehend für mich. Die Buchmesse umfasst jedoch Literatur aus der ganzen Welt. Erwähnenswert ist sicher die Schilderung von Anna-Lena Laurens über ihre Erfahrungen aus Georgien, Tschetschenien, Inguschetien, Abchasien und Dagestan. Ich möchte ihr neues Buch über den Kaukasus sehr empfehlen, da es sehr lehrreich ist und den Leser in die komplexe Problematik dieser Länder einweiht. Die Autorin ist eine unerschrockene und kluge Finnland-Schwedin, die unter anderem auch als Korrespondentin in Moskau tätig war.

• Du schreibst hauptsächlich Gedichte, aber hin und wieder auch Prosa und Zeitungsartikel. Worauf hast du dich gefreut, als du über die neue Möglichkeit der schwedisch-tschechischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Literatur erfahren hast? Was war dein erster Gedanke?

Du hast wohl den neuen Verlag Aspekt vor Augen, der von Tora Hedin, Mats Larsson und Lova Meister ins Leben gerufen wurde. Mein erster Gedanke war, dass es eine wunderbare Idee ist und dass ich ihnen dabei das ganze Glück der Welt wünsche. Die tschechische Literatur in schwedischer Übersetzung herauszugeben ist wahrhaftig nichts Leichtes, darin haben wir zwei - Mats Larsson und ich – bereits Erfahrungen, und soweit ich weiß auch alle anderen, die es jemals angestrebt hatten. Hierbei handelt es sich jedoch um Übersetzer, die die tschechische Literatur gut kennen und lieben, was einen wirklich vom Herzen erfreut. Es ist nicht leicht einen auf die tschechische Literatur spezialisierten Verlag zu betreiben, denn hierbei geht es nicht nur darum, ein Buch zu übersetzen und zu drucken, sondern der schwierigere Teil ist die breitere Öffentlichkeit zu erreichen, d.h. die Werbung, das Marketing und den Vertrieb zu organisieren. Und dies alles wirtschaftlich zu bewältigen.

• Lyrik zu schreiben ist nicht leicht. Und sie in eine andere Sprache zu übersetzen ist noch schwerer. Einige Autoren meiden es auch, ihre Werke in der Öffentlichkeit selbst vorzulesen, weil sie meinen, nicht den entsprechenden Vortrag zu haben. Aber in deinem Fall ist es anders. Ich habe dich schon einige Male gehört deine Gedichte selbst zu lesen - es war mehrmals im Tschechischen Zentrum und auch bei den Tschechischen Kulturtagen in Kyrkekvarn unweit von Jönköping. Und jetzt hast du anlässlich eines wichtigen internationalen Ereignisses der Buchwelt gelesen, auf der Buchmesse in Göteborg. Was hast Du dort gelesen, in welcher Sprache, wie groß waren das Interesse und das Echo?

Ich habe Gedichte aus meinem zuletzt erschienen Buch gelesen, aus der Übersetzung der Gedichtsammlung „Die Schiffbrüchigen aus dem Kristallland“
.Ehrlich gesagt, ich wollte erst einige neue, auf Schwedisch geschriebene Gedichte vorstellen, da aber das Buch am Stand des Tschechischen Zentrum, beim Verlag Symposion und auch für die Signierung im Poesieraum auslag, habe ich beschlossen, nur aus diesem Gedichtband zu lesen. Ich las auf Schwedisch vor, denn auf Tschechisch zu lesen hätte keinen Sinn gemacht – die meisten Messebesucher sind ja Schweden. Und wie das Echo war? Es steht mir nicht zu, über meine eigene Lesung zu urteilen, aber soviel kann ich immerhin sagen, dass das Interesse eindeutig da war und ich bei der Signierung eine Menge anerkennende Lobesworte gehört habe.

Der Gedichtband „Die Schiffbrüchigen aus dem Kristallland“ ist 1997 in tschechischer Ausgabe im Verlag PROTIS in Prag erschienen und 2008 in schwedischer Übersetzung im Verlag Brutus Östlings Bokförlag SYMPOSION in Eslöv.


Das Buch „Die Schiffbrüchigen aus dem Kristallland" wurde vom tschechischen Ministerium für Kultur mit einer Förderung dotiert, die für Übersetzungen von tschechischer Literatur im Ausland bestimmt ist. Über die Förderung entscheidet man im Ministerium für Kultur der Tschechischen Republik, anhand der Empfehlung einer Fachkommission der Abteilung für Kunst und Bibliothekswesen. Nachdem das Buch in Schweden erschienen war, erhielt es ebenfalls eine schwedische Förderung des Kulturrats für die schöngeistige Literatur (Kulturrådets litteraturstöd). Hierbei wird z.B. die Gesamtqualität, Originalität und Komplexität des Buchs beurteilt, die Qualität der künstlerischen Bearbeitung von Ideen und Erfahrungen, und falls es sich um eine übersetzte Literatur handelt, wird ebenfalls die Übersetzungsqualität mit beurteilt. (Anm. des Autors.) 

                 

• Es ist nicht lange her, als du die Tschechische Republik in den USA repräsentiert hast, was eine große Anerkennung für dich war. Was war das für eine Veranstaltung? An welchen Orten hattest du eine Lesung?

Es war ein Autorenabend im Tschechischen Zentrum in New York, und es war eine zweisprachig vorgetragene Lesung, auf der mein Werk präsentiert wurde. Ich habe auf Tschechisch gelesen und Anna Balev las aus der englischen Übersetzung. Nach der Lesung war immer Zeit für Gespräche vorgesehen, die sehr interessant und nett waren.
Was meine Autorenlesungen in letzter Zeit anbelangt, so waren es außer den erwähnten in den Tschechischen Zentren in Stockholm und New York sowie bei den Tschechischen Kulturtagen in Kyrkekvarn auch eine Lesung im tschechischen PEN-Club, in dem unbeschreiblich schönen Gebäude des Prager Klementinum, eine beim Forum für Lyrik und Prosa, das für die wichtigste Bühne für Literaturlesungen in Schweden gehalten wird, und in der Stadtbibliothek in Göteborg ... Außerdem war ich im letzten Jahr auch zur Buchmesse eingeladen, um Gedichte zu lesen und über mein Schreiben zu sprechen, aber damals fand die Lesung auf Anlass des Schwedischen Schriftstellerverbandes statt. 

• Ein literarisches Werk ist meistens Ausdruck eines bestimmten Erlebnisses des Menschen und seiner Reaktion darauf. War es bei dir in deinem Schaffen auch so und ist es noch immer so? Wann hast du zum ersten Mal literarische Neigungen bei dir entdeckt?


Ja, häufig ist es so, aber es gibt auch Schriftsteller, die ihre Texte auf Zeitungsausschnitten, auf irgendwo Gehörtem und Ähnlichem gründen. Bei jedem wirken jedoch in irgendeiner Form auch seine eigenen Erfahrungen mit. Bei meinen Texten gehe ich sehr oft von meinen eigenen Erlebnissen aus. Aber die Phantasie, verschiedene Arten von Informationen, die Recherche und die Fähigkeit, sich in die Leben und Welten der Anderen hinein versetzen zu können, sind immer ein wichtiges Element.
Ich habe als Mädchen schon sehr früh Texte verfasst, aber noch keine Gedichte. Als ich noch recht klein war, gewann ich schon verschiedene Rezitationswettbewerbe, die an Schulen oder im Rahmen des „Wettbewerbs für die schöpferische Jugend“ stattgefunden hatten, und ich wurde oft entsandt oder eingeladen auch an anderen Orten zu rezitieren. Als Kind habe ich sehr viel gelesen, aber erst ungefähr in der 9. Klasse fing ich an Gedichte „zu verschlingen“. Die Poesie hat mich damals in den Bann gezogen, und so konnte ich der Versuchung nicht widerstehen sie auch selbst zu schreiben. Damals habe ich sehr viel Papier beschrieben - so hat es also angefangen…

• In deinen Werken wird die Zeit der 60er Jahre in der damaligen Tschechoslowakei, die Flucht über die Grenze, das neue Leben in Schweden und die Sehnsucht nach der Heimat reflektiert. Glaubst du, dass du auch ohne diese Erlebnisse Dichterin geworden wärest?

Das ist eine interessante Frage, über die ich auch schon nachgedacht habe. Die Antwort lautet ohne Zögerung: Ja. Aber die Erlebnisse waren sehr stark und ich bin mir sicher, dass sie für meine Versuche Literatur aus dem Erlebten zu schaffen viel bedeuteten. Und vielleicht noch viel mehr für mein Selbstvertrauen. Nicht selten war ich in Zweifel, ob das, was ich geschrieben hatte, gut war und ob es auch anderen etwas zu sagen hat. Aber diese Gedichte bekamen soviel positive Resonanz, sodass sie eine sehr schöne Anregung zum weiteren Schreiben für mich waren. 

Ein Gedicht aus dem Band
„Die Schiffbrüchigen aus dem Kristallland"

FLÜCHTLINGE

Greifbar nah
das blutrote Land
von Geschossen
gevierteilt

Und der Mensch Asche
oder Angst

Wo keiner lang geht
Stacheldrahtzone der Macht

Das Bewusstsein der Gemarterten
gibt keinen Laut vor sich
aber die Luft -
eine Qual, verbrannte

Durch die bläulich angehauchte
gefrorene
Stadt der getarnten Geheimnise
schieben sich Panzerwagen
Lauerndes Auge, erschrocken
Der Mund verzogen von magischer Übermacht
Die Fahne rot
in knöcherner Hand
Und im Herzen
eine niederschmetternde Angst

Verstörte Zeit rast durch das Weltall
vom Zukunftsberg, der über den Wolken ragt.
auf die vom Blut beschmierte Erde
wo man gerade eine Tribüne
mit feuerrotem Tuch bezieht
und das Bildnis
des Herrschers eintauscht

Im Tragetuch
auf dem Rücken
das kleine Helenchen
Es schläft

Und sie beide
Hand in Hand
übertreten
die von Tränen verschmierte
im Wald verborgene
Grenze der Heimat

© Jana Witthed

 

 • Wann hast du die schöpferische Feder zum letzten Mal in der Hand gehalten? Betraf es ein gegenwärtiges Thema? Ich frage daher, da den Autoren aus der kommunistischen Ära häufig vorgeworfen wird, dass sie an einem immer gleichen Thema festhalten.

Nein, ich bin auf dieses Thema später nicht mehr zurückgekommen. In jedem Falle nicht in der Poesie. Seitdem habe ich viele unterschiedliche Themen aufgegriffen: die Welt der Kinder, die Liebe, verschiedene Ereignisse daheim und in der Welt, existenzielle Fragen, und es finden sich auch verschiedene situationsbezogene Gedichte. Momentan arbeite ich an einem Buch, das größtenteils über Schweden handelt. 

• Für deine Gedichte hast Du zahlreiche Preise bekommen, sie sind in sechs verschiedenen Sprachen erschienen, sind in den tschechischen Literaturzeitschriften Tvar, Obrys, Literární listy, Severské listy, Tschechischer Dialog, und in Übersetzung auch in verschiedenen internationalen Zeitschriften publiziert worden. Was bedeutet das Schreiben für dich selbst?
Es gibt mir vor allem Freude und öffnet neue Horizonte. Die Freude kommt aus dem Schreiben selbst und auch durch die Eindrücke meiner Leser, wenn diese so liebenswürdig sind und sie mir mitteilen. Ich denke, dass ich ohne Schreiben nicht leben könnte. Ich verneine jedoch nicht, dass damit auch viele Sorgen verbunden sind, aber irgendwo tief im Herzen weiß ich sehr wohl, dass es sich lohnt.

• Der Übersetzer Mats Larsson ist unter anderem auch „dein“ Übersetzer, denn er hat Gedichte aus deinem sehr gewürdigten Gedichtband „Gestrandete aus dem Kristallenen Land“ übersetzt. Kannst Du über diese Gedichtsammlung etwas Näheres sagen? Bereitet ihr zusammen eine weitere Arbeit vor?

Die Übersetzung war eine Zusammenarbeit zwischen Mats und mir. Es ist gerade jenes Buch, das über den Einmarsch der sowjetischen Truppen im Jahre 1968 handelt. Es gibt aber eine Reihe weiterer Themen, unter anderem auch Gedichte: In der Kinderklinik, Advent, usw. Der Band beinhaltet auch einen anderen Typus von Gedichten, über die der bekannte Literaturkritiker Pavel Kotrla schrieb, dass „sie mehr abstrakte, zum Teil fast metaphysische Züge“ tragen.
Mit Mats habe ich über die Übersetzung von Gedichten diskutiert, die 2007 in einem Band in Prag erschienen sind. Ein Gedicht, Die Augen, ist schon fertig.

 Ein Gedicht aus dem Band 
„Die Schiffbrüchigen aus dem Kristallland"

IN DER KINDERKLINIK

Im weißen Königreich der Furcht
wo ein roter Tropfen Lebensblut
sich bis zur Schwelle des Todes hangelt

Und die Hoffnung unter dem Gewicht
der Stahlinstrumente versinkt

Liege ich wach

Die Leuchtröhrennacht tröpfelt hinunter, unter Telefongeläut

Die Schritte auf dem Gang oszillieren
zwischen den Schlaghieben der Zweifel

Jetzt. J e t z t.
Nein. Nein, jetzt noch nicht.

Und in den Kinderbetten
sucht der Mond einen Traum

und findet dort manchmal
auch einen Stern
der sich in der Bangigkeit
wider spiegelt und strahlt

Die Leuchtröhrennacht schwindet in bläulichem Morgen
Und Schritte verhallen und nähern sich, Schritte ändern sich
Und es passiert noch immer nichts

Ein steriler Stein  
pulsiert
leuchtet auf
atmet

und verbittert

Wir, die manchmal Schwererlosen
sinken hinunter
weich
zwischen den Etagen

Und alle
Wahrheiten hängen
an seidenem Faden
und alle
Lügen
sind
wandelbar

Manchmal
erneut
gehen wir durch die Eingangspforte
hinunter
durch
eine schwere Eisentür
ins Grab der Gewebe
des Sauerstoffs
der falschen Hoffnungen
und ungefälschter Liebschaften

und wir sind nur zur Hälfte da
oder zu einem Viertel
und manchmal sind wir schon gänzlich weg

Und Kinder, die nicht einschlafen können
in ihren Bettchen
singen
Aber nur leise
heimlich und still
damit die Schwestern es nicht hören
und nicht kommen
und nicht sagen
dass man nun jetzt schlafen muss

© Jana Witthed
• Viele Menschen meinen keine Gedichte lesen zu können, weil sie sie nicht verstehen. Hast du ein Kommentar dazu?

Ja, du hast Recht, ich kenne das. Ich habe viele Menschen getroffen, die sich weigern Poesie zu lesen und manche begründen es damit, sie sei schwer. Du hast eine interessante Sache angesprochen, aber in einem solchen Gespräch kann man leider keine umfassende Antwort darauf geben, die Frage würde eine eigene Studie verdienen. Hier also nur in Kürze:

Ich persönlich glaube, dass es häufig ein Vorurteil ist und ich finde es sehr schade, denn sowohl die Leser als auch die Literatur werden damit ärmer gemacht. Wenn man einen solchen Leser fragt, wann er zuletzt versuchte ein Gedicht oder eine Gedichtsammlung zu lesen, antwortet er oft, er hätte es seit Ende des Schulzeit nicht mehr versucht. Jemand sagt vielleicht, die Poesie sei zu schwer. Die Verleger lehnen es daher auch ab, Gedichte guter Qualität herauszugeben, da sie sich schlecht verkaufen.
In der Schule wurde den Schülern die Poesie häufig durch eine unsinnige Auffassung des Gedichts beim Unterricht vergällt. Ein abschreckendes Beispiel ist die allen bekannte Gedichtanalyse. Der Fehler der schulischen Vermittlung von Gedichten besteht darin, dass jenes negiert wird, was eine ihrer wichtigsten Funktionen ist, und zwar dass sie auf weitere Bereiche übergreifen und neue, unerwartete Bedeutungen evozieren. Gedichte – das ist auch Tonmalerei und Rhythmus, das ist Atmosphäre, von der wir beeindruckt sind. Dies wurde selten im Unterricht vermittelt und noch weniger hervorgehoben. In der Schule wurde so die Phantasie zunichte gemacht, die in der Poesie eine sehr wichtige Rolle spielt. Das, was die Schule meiner Meinung nach in erster Linie vermitteln sollte, ist die Erschließung, der Zugang zur Welt der Poesie.

Ich bin der Meinung, dass die Poesie im Gegenteil sehr gut in unsere Zeit, in unseren Lebensstil passt. Es ist ein Literaturgebilde, das ein Leseerlebnis auch für einen nur kurzen Zeitabschnitt vermittelt. Sie ist auf bestimmte Situationen fokussiert, auf Emotionen oder Eindrücke, die sie hervorruft, und somit gibt sie uns eine Gelegenheit zum Nachdenken und Grübeln. Dies korreliert ganz gut mit der Eile und einem meist in Stücke zerhackten Tagesablauf, den wir haben. Aber das ist nicht alles. Die Poesie ist gleichzeitig sehr eng mit der Ästhetik verbunden, sie ist ein Sprachspiel, aber ein Spiel, das meist ein ernsthaftes Ziel verfolgt. Die Poesie hilft uns Erkenntnisse zu gewinnen oder uns mit etwas zu identifizieren. Wichtig ist, dass sich hier Schönheit mit Tiefe verbindet, und dies hat man nötig in einer Welt, in der das Denken immer mehr von Oberflächlichkeit beherrscht wird. Die heutigen Medien wollen die Menschen meist unterhalten und zerstreuen, uns unsere eigenen Illusionen verkaufen, wobei die Poesie uns die Möglichkeit gibt, den wirklichen Sinn der Lebenssituation zu ertasten, sie informiert uns über unseren Seelenzustand, hilft uns unser Einfühlungsvermögen zu entwickeln - und das ist heute mehr als nötig. Die Poesie kann dem Leser verschiedene existentielle Möglichkeiten, Lebensauffassungen öffnen, und dies alles auf einem verhältnismäßig kleinen Raum, nur aufgrund ihrer speziellen Form! Die angebliche Kompliziertheit der Poesie ist gewissermaßen ein Trugschluss. Warum spricht man hier nicht viel lieber über Freude an der Erkenntnis, über die Entdeckungs- und die Erlebnisfreude?
Es geht aber darum, die Poesie den Menschen näher zu bringen und ihnen die schon genannten Zugangsmöglichkeiten zu vermitteln, aber bekanntermaßen ist die Beseitigung von Vorurteilen keine leichte Angelegenheit…

• Ich denke, dass wie bei den meisten anderen Autoren deine neuen Sachen eventuell in einer Schublade eine Weile liegen, wo sie auf den geeigneten Moment der Veröffentlichung warten. Jetzt öffnet sich aber eine neue Möglichkeit für ihr Publizieren – hast du die Absicht mit diesem neuen Verlag zusammen zu arbeiten?

Ich werde mit ihnen gerne zusammen arbeiten.

• Wo kann man deine Gedichte lesen? Hast du eigene Websites?

Die absolut beste Art ist, sich in die Gedichtbände direkt zu vertiefen, man kann sie sich in den meisten Bibliotheken sowohl in Schweden wie auch in Tschechien ausleihen. Mit den auf Schwedisch geschriebenen Gedichten ist es etwas schwieriger, denn die meisten von ihnen wurden zerstreut in verschiedenen Zeitschriften abgedruckt. 
Der Zeitmangel ist leider ein Faktor, der sich mehr als deutlich in meinen Websites niederschlägt. Der Inhalt ist eine Mischung aus verschiedenen Perioden, aber ich nähre noch immer in mir eine Hoffnung, dass es mir einmal gelingt, sie zu aktualisieren. Zum Lesen gibt es dort Gedichte und andere Texte, z.B. auch Artikel über Schweden.
Die Adresse ist: home.swipnet.se/-w-79071.

• Ich danke dir, Jana, für das Gespräch und wünsche dir, das dir alles gut gelingt.  
Übersetzung: Gabriela Oeburg

Tento článek byl v Pozitivních novinách poprvé publikován 28. 12. 2009.